Heinz Gstrein

Zypern: Drei erzbischöfliche Kandidaten zur Wahl

Entscheidung fällt noch dieses Jahr in der Bischofssynode

 

Von Heinz Gstrein

Nikosia. Das Ergebnis der Volkswahl zu einem Dreiervorschlag für den neuen orthodoxen Erzbischof von Zypern am 18. Dezember lag schon bald nach Versiegelung der Urnen in den Pfarrgemeinden um 17 Uhr vor. Erwartungsgemäß waren die drei Auserwählten der popular-mystische Metropolit von Limassol, Athanasios Nikolaou, Erzbistumsverweser Metropolit Georgios Papachrysostomou von Paphos und der Vororte-Bischof der Inselhauptstadt Nikosia, Metropolit Isaias Georgakis von Tamassos.

Das schnelle Vorliegen der Ergebnisse hing mit einer geringen Beteiligung von nur 30% der an die 550 000 wahlberechtigten Orthodoxen zusammen, was eine rasche Stimmauszählung ermöglichte. Bis zur Mittagspause in den Wahllokalen waren nur 15,41% der Wahlberechtigten aufgetaucht. Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis sprach darauf von einer Entpolitisierung der Kirche. Unter Erzbischof Makarios III., Staatsoberhaupt und Kirchenchef von 1960 bis 1977, war genau das Gegenteil der Fall.

Diesmal standen nicht mehr die „Zypernfrage“ der türkischen Besetzung eines Drittels der Insel durch die Türkei, sondern innerkirchliche, besonders pastorale Fragen, und da wieder die Jugendseelsorge im Mittelpunkt. Das erklärt auch die fast 36% für den in kirchlichen Aktivistenkreisen gut vernetzten Metropoliten Athanasios von Limassol. Dem tat Abbruch, dass er aus einer bereits in der Klosterrepublik Athos tonangebenden Mönchsbruderschaft kommt. Diese geht auf den Höhleneinsiedler Joseph der Hesychast (1897-1959) zurück, kontrolliert aber heute über den Athos hinaus unzählige orthodoxe Klöster und Laiengemeinschaften von Griechenland bis in die USA. Als der erzbischöfliche „Wahlkampf“ in seiner Endphase unter die Gürtellinie geriet, wurde die Bruderschaft in einem Pamphlet beschuldigt, auf dem Berg Athos die Vorherrschaft des von ihr erschlichenen Klosters Vatopedi durchzusetzen, Eremiten aus ihren Klausen im Wald zu vertreiben, um einträgliche Holzwirtschaft zu betreiben usw. Eine derartige „Kirchendiktatur“ drohe auch Zypern, wenn Athanasios Nikolaou Erzbischof würde. Diese Argumentation hatte immerhin zur Folge, dass der Metropolit des größten zyprischen Hafens unter die ihm zugetraute absolute Mehrheit abrutschte.

Ähnliches widerfuhr seinem Hauptrivalen Isaias Georgakis, einem Mönch aus der Marienabtei Kykkou. Er wurde schon als Novize zum Studium nach Moskau geschickt, wo er sein halbes Leben verbrachte. 2007 kehrte er als Metropolit von Tamassos südlich Nikosias nach Zypern zurück. Er wurde dort zum Führer der moskaufreundlichen Kirchenpartei. Die Nachfolge des kranken, dann im November verstorbenen Erzbischofs Chrysostomos II. schien ihm schon sicher zu sein, als der Krieg Putins gegen die Ukraine der Popularität alles Russischen auf Zypern ein Ende setzte: Aus der Trumpfkarte Russland wurde für Metropolit Isaias ein Schwarzer Peter. Zwar versuchte er über den Schatten seiner moskowitischen Vergangenheit zu springen, indem er sich beim Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. anbiederte und es durch mehrmals tägliche Auftritte bei kirchlichen Veranstaltungen dem volkstümlichen Athanasios von Limassol gleich zu tun versuchte. Vergeblich: Mit nur 18,10 Prozent der Stimmen fiel er sogar hinter den traditionalistischen Georgios von Paphos zurück und kam gerade noch in den Dreiervorschlag.

Gut geschlagen hat sich hingegen Metropolit Bassileios Karagiannnis von Konstantia. Seine 14.79% reichten zwar nicht mehr für den Dreiervorschlag. Doch spiegelt sich darin für ihn, dem man innerzyprisch kaum mehr als 5% zugetraut hatte, der ökumenische Bonus wider, den er im September in Karlsruhe mit der Wahl zum Präsidenten der östlichen Orthodoxen im ÖRK erhalten hat. Der fundierte Theologe und gelernte Ökumeniker Karagiannis wird daher in der Kirche von Zypern unter jedem neuen Erzbischof, wie immer er auch heiße, eine zentrale Rolle spielen.

Den Anspruch, dieser neue Erzbischof von Zypern zu werden, hat Athanasios von Limassol gleich am 19. Dezember unter Hinweis auf seinen Stimmenvorrang gestellt. Die zypriotische Synode (Bischofskonferenz) müsse sich bei ihrer Auswahl aus dem vorliegenden Dreiervorschlag an den Willen des Kirchenvolkes halten. Erzbistumsverweser Georgios spricht hingegen schon davon, dass für die Synode andere Gesichtspunkte als bei der Volkswahl ins Gewicht fallen werden. Als Zeitraum für diese Auswahl nannte Georgios Papachrysostomou die Periode zwischen Weihnachten und Neujahr. Zypern wird also mit einem neuen Erzbischof ins Neue Jahr gehen. Wer es sein wird, dürfte aber noch spannend bleiben.

 

 

Schreibe einen Kommentar