‘Αρθρα Κύπρος

Rückenstärkung für Kiew von Zyperns Erzbischof

 

 

Debatte um neue orthodoxe Autokephalkirchen frisch entflammt

 

Von Heinz Gstrein

Nikosia. Der Erzbischof von Zypern, Chrysostomos II., hat am 24. Oktober Metropolit Epifanij Dumenko von Kiew erstmals beim Gottesdienst als orthodoxes Kirchenoberhaupt erwähnt und damit dessen Autokephale Kirche der Ukraine de facto anerkannt. Dieser Schritt im Alleingang ohne Billigung des Bischofssynods hat auf Zypern sofort zu Protesten geführt. Gesamtorthodox gab es freudige Überraschung im Phanar, von dem die ukrainische Autokephalie 2019 ins Werk gesetzt wurde. Umso kritischer die sofortige Reaktion vom Moskauer Patriarchat, das die Ukraine als sein „kanonisches Territorium“ betrachtet. Es konnte bisher erreichen, dass von den 14 orthodoxen Patriarchal- oder Autokephalkirchen nur die von Konstantinopel als „ukrainische Mutterkirche“ sowie jene von Alexandria und Griechenland die neue ukrainische Kirchenstruktur gebilligt hatten. Jetzt ist dazu das kleine, aber in der orthodoxen Diaspora und Mission bedeutende Erzbistum Zypern gekommen.

Zunächst war es gar nicht aufgefallen, dass Chrysostomos II. im Marienkloster zum Goldenen Granatapfel bei der Weihe seines Abtes Pankratios zum neuen Suffraganbischof der Metropolis Paphos unauffällig Epiphanij von Kiew „kommemoriert“ und damit die kirchliche Communio mit der „Autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine“ aufgenommen hat. Erste Berichte stellten nur die Bischofsweihe ganz in den Mittelpunkt. Auch der anwesende Metropolit Athanasios Nikolaou von Limassol, ein erklärter Gegner der ukrainischen Neuordnung, bemerkte nichts von der kirchenpolitischen Festlegung, bis er darauf aufmerksam gemacht wurde. Fluchtartig verließ er das Gotteshaus noch während der Liturgie, was als unschicklich und provokant kommentiert wurde.

Zusammen mit drei anderen als „Russenfreunde“ eingestuften Metropoliten veröffentlichte Athanasios von Limassol noch am gleichen Tag eine scharfe Distanzierung vom Vorgehen des Erzbischofs. Wie es darin eingangs heißt, habe Chysostomos II. die Aufnahme der Kirchengemeinschaft mit Kiew auf der Sitzung des Heiligen Synods vom 9. September zur Sprache gebracht. Die Mehrzahl der Synodalen sprach sich jedoch gegen diese „unzeitige“ und vor dem Hintergrund der akuten Spannungen mit der Türkei „national gefährliche“ Beschlussfassung aus. Die Anerkennung der ukrainischen Autokephalie wurde auf eine spätere Sitzung vertagt. Jetzt aber habe der Erzbischof „unüberlegt und unkanonisch“ die Initiative ergriffen. Er sei kein Papst, sondern nur Vorsitzender des Kollegiums der zyprischen Bischöfe, ohne das er nicht einsame Beschlüsse fassen und Aktionen setzen dürfe.

Nachdem sie nochmals eingehend auf ihre Gründe für die Ablehnung der ukrainischen Autokephalie eingegangen sind, haben die vier Bischöfe – die auf Zypern im Volksmund “Die Moskauer Vier“ genannt werden – das Vorgehen von Erzbischof Chrysostomos als einen Schaden für die ganze Orthodoxie verurteilt und ihn aufgefordert, seinen Anerkennungsschritt Richtung Kiew rückgängig zu machen.

Chrysostomos II. hat darauf rasch mit einer eigenen Darstellung und Rechtfertigung seiner Handlungsweise geantwortet. Er habe im Interesse der Orthodoxie und der Kirche von Zypern gehandelt, so sehr das einigen wenigen auch missfallen mag. Er hätte sich die Anerkennung von Metropolit Epifanij nicht leicht gemacht, sondern von seiner Aussprache mit Bartholomaios I. in Salzburg 2018 an mehr als zwei Jahre lang versucht, dazu einen gesamtorthodoxen oder zumindest Mehrheits-Konsens zu vermitteln. Als sich ein solcher nicht mehr abzeichnete, die Spaltungen vertieften, habe er sich zum Handeln entschlossen und das auch die Mitglieder des Heiligen Synods wissen. Er werde jetzt den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in einem offiziellen Schreiben von seiner Anerkennung der ukrainischen Autokephalie in Kenntnis setzen und dieses Dokument seinem Synod zur Billigung vorlegen. Er rechne mit einstimmiger oder zumindest mehrheitlicher Zustimmung.- Der Hl. Synod der Kirche von Zypern besteht aus dem Erzbischof, acht Metropoliten und sieben Bischöfen. Die vier „moskophilen“ Metropoliten sind bei all ihrem Einfluss in ultraorthodoxen Klöstern, Kleriker- und Laienkreisen im Episkopat in der Minderzahl, können weder den Erzbischof zu einem Rückzieher oder gar zum Rücktritt zwingen noch eine Kirchenspaltung auslösen.

Aus Kiew hat Metropolit Epifanij sofort seinem „Mitbruder“ Chrysostomos für dessen Anerkennung und „Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten“ gedankt. Erst am 20. Oktober hatte sein einstiger „Mentor“, der umstrittene „Patriarch der Ukraine“, Filaret Denisenko, behauptet, dass die kirchliche Unabhängigkeit des ukrainischen Volkes von dem Autokephalie-Tomos aus Konstantinopel nicht gewährleistet werde. Wer wirklich orthodox bleiben wolle, müsse sich daher von Dumenko ab und wieder ihm zuwenden. So gerät die Autokephale Kirche der Ukraine zwischen Moskau und Filaret zwischen zwei Feuer. Die kirchliche Gemeinschaft mit Zypern kam daher hochwillkommen.

Vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. gibt es noch keine Stellungnahme, da er sich fern vom Phanar auf seiner Heimatinsel Imbros aufhält. Doch stand am 25. Oktober auf der Blogsite des Ökumenischen Patriarchats „Phos Phanariou“ (Licht des Phanars) zu lesen, dass der Schritt des zyprischen Erzbischofs „die Anerkennungsströmung mitreißend mache“. Der Weg zur Durchsetzung der ukrainischen Autokephalie sei jetzt eine „Einbahnstraße“.

Gar nicht dieser Meinung ist natürlich im Moskauer Patriarchat dessen Außenamtsleiter Metropolit Hilarion Alfejev. In einer ersten Stellungnahme zur Agentur Ria-Novosti sprach er von einem „jämmerlichen Ereignis“. Es sei kein Geheimnis, dass der Erzbischof von Zypern kirchlich von Bartholomaios I. und politisch von den USA unter Druck gesetzt wurde. Ob jetzt die Russische Orthodoxe Kirche die eucharistische Gemeinschaft nur mit Chrysostomos II.  oder allen Metropoliten abbreche, hänge davon ab, inwieweit jener auf sich allein gestellt oder im Einvernehmen mit seinen Bischöfen gehandelt habe. – Ähnlich hält es Moskau schon mit der Kirche von Griechenland, wohin die kirchlichen Beziehungen nur zu jenen Sprengeln abgebrochen werden, deren Metropoliten Epifanij von Kiew kommemorieren.

Aus Athen spricht inzwischen die als Sprachrohr der anti-ökumenischen Ultraorthodoxen bekannte Agentur Romfea.gr (Das Schwert) – sie erfährt dank ihrer englischen Ausgabe Orthodox Times auch international wachsende Beachtung – von einem „eigenmächtigen Überraschungscoup“ des Erzbischofs von Zypern.

Dieses Aufflammen der ukrainischen Autokephaliedebatte rückt auch die Frage der schon seit 1967 bestehenden, aber innerhalb der Orthodoxie nicht anerkannten Mazedonischen Kirche wieder in den Vordergrund. Der Heilige Synod des Ökumenischen Patriarchats hat den von seiner Oktobersession erwarteten Beschluss darüber hinausgeschoben. Dann meldete sich aber dazu das geistliche Oberhaupt der im Rahmen des serbischen Patriarchats autonomen Kirche Mazedoniens zu Wort, Erzbischof Jovan Vraniskovski von Ohrid. In einem Interview für das serbische Massenblatt „Blic“ (Blitz), das zur Verlagsgruppe Axel Springer gehört, bezeichnete er am 19. Oktober eine mazedonische Autokephalie als „schädlich für die Orthodoxie“. Vranikovski war als Metropolit von Veles am Vardar einziger Bischof der selbsterklärten Mazedonischen Orthodoxen Kirche, der 2002 von der damals aus Belgrad als Lösung angebotenen kirchlichen Autonomie Gebrauch gemacht hatte. Zahlenmäßig ist seine Gruppierung in Mazedonien verschwindend klein geblieben, doch genießt der heutige Erzbischof Jovan interorthodox hohes Ansehen.

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