Alexandros Ypsilantis: Sterben in Wien
Das letzten Lebenswochen des Vorkämpfers von 1821
Studie des österreichisch-griechischen Integrationsvereins Hephaestus Wien.
In Wien haben zu diesem OCHI-Tag die Metropolis Austria und der
Verband Hellenischer Vereine in Österreich (OESA) den Anfang mit Vorfeiern zum 200jährigsten griechischen Befreiungsjahr 1821-2021 gemacht: An der Grabtafel seines ersten Vorkämpfers Alexandros Ypsilantis (1792-1828) am St.-Marxer-Friedhof legten am 25. und 28. Oktober Metropolit Arsenios Kardamakis und Verbandspräsident Costas Fisoglou Kränze nieder.
Dem Sterben von Ypsilantis in Wien war lange, gesundheitlich und psychisch zermürbende Gefangenschaft in der Festung Munkacs sowie vor allem in Theresienstadt vorausgegangen, dem späteren Gestapo-Gefängnis und Juden-Ghetto. Wie er und seine Brüder in Metternichs Polizeistaat behandelt wurden, nachdem sie schon am 26. Februar 1821 – einen Monat vor der Erhebung in der Lavra von Kalavryta – den griechischen Freiheitskampf im heutigen Rumänien begonnen – und noch verloren – hatten, ist überhaupt kein Ruhmesblatt alt-österreichischer Geschichte.
Endlich aus Theresienstadt enthaftet traf Ypsilantis als „Baron Schönwarth“ – wie der ihm von Metternich aufgezwungene Deckname lautete – Ende November 1827 in Wien ein und wurde im Gasthof „Zur Goldenen Gans“ an der Landstraße untergebracht: Um dort seinen letzten Kampf zu führen. Er war nach über sechs Jahren Festungshaft ein sterbenskranker Mann.
Sonnenschein seiner letzten Tage wurde das gräfliche Schwesternpaar Thürheim. Der Athener Ypsilantis-Biograph Elevtherios Moraitinis-Patriarcheas schreibt sogar, Alexandros sei am 31. Januar 1828 „in den Armen der Lulu von Thürheim“ gestorben. Ganz so ist es aber nicht gewesen, wenn wir Lulus Memoiren glauben: „Meine arme Schwester hielt ihn in ihren Armen, er war noch warm, seine Augen waren geschlossen, seine Lippen schienen fast zu lächeln, aber der Tod hatte sein grausames Siegel daraufgedrückt. Man brachte mich hinaus, Konstantine zögerte, da sagte ich ihr, wir würden wiederkommen; sie war wie zu Eis erstarrt.“ Mit Konstantine ist die verheiratete Fürstin Razumovsky gemeint.
Aber auch Lulu dürfte Alexandros sehr nahe gestanden haben: „Bevor der Bediente an diesem Abend zu ihm kam, war ich mit Lassanis allein bei Ypsilanti. Da dieser schläfrig war, verlangte er nach Konstantin. Lassanis ging hinaus, ihn zu holen. Darauf bat mich Alexander, ich möchte ihm den Kopf halten, bis Lassanis zurück- komme. Ich tat, wie ich es ja oft schon gemacht hatte und hielt mit beiden Händen sein Haupt, während ich ihm gegenübersaß. Er lächelte mir mehrmals zu und schlummerte ein. Als die beiden eintraten, deutete ich ihnen an, zu warten, damit er nicht erwache. Es dauerte ungefähr zwanzig Minuten, ich vermochte sie an seinem Atem, dessen Intervalle ich studiert hatte, zu zählen.
Die Ermüdung machte endlich meine Arme so stark zittern, daß ich Lassanis ein Zeichen gab, mich abzulösen. Diese Bewegung erweckte Ypsilanti. Er legte sich dann auf die Chaiselongue und schlief wieder ein. Ich ging hinaus, kam aber immer wieder herein, sobald er sich rührte. Einmal sagte er zu Lassanis: „Ist es nicht meine gute Lulu ?” Ich näherte mich ihm und ließ mich auf die Knie nieder, er nickte mir zu, nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust, seine Augen hatten in diesem Moment einen ganz besonderen Ausdruck von Liebe und Dankbarkeit. Bald darauf schlummerte er wieder ein. Ich verließ das Zimmer, sobald er meine Hand losgelassen. Ach! Ich hatte seinen letzten Abschiedsgruß empfangen.“