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Anerkennung für den „Raketen-Kyrill“ aus Damaskus

Belobigungs-Hascherei durchs umgekrempelte Kirchliche Außenamt

 

Von Heinz Gstrein

Damaskus. Der Wechsel in der Leitung der Kirchlichen Außenbeziehungen des Moskauer Patriarchats von Metropolit Hilarion Alejew zu Antonij Sewrjuk, 2017 als Bischof Administrator der Berliner Diözese, beginnt sich auch im Ausland mit Neubesetzung der russischen Kirchenvertretungen auszuwirken. Als erster kam Archimandrit Filip Vasiltzev als ständiger Moskauer Abgesandter beim Patriarchen von Antiochia an die Reihe. Dieser stellt traditionell in der orthodoxen Kirchenfamilie den zuverlässigsten und gewichtigsten Verbündeten der Russen dar. Beide Patriarchate haben daher schon 1958, als Syrien unter sowjetischen Einfluss geriet, ständige Vertreter ausgetauscht.

Seit 2013 vertrat die russische bei der antiochenischen Kirche Igumen Arsenij Sokolov, ein namhafter Alttestamentler, der sich auf das Buch Josua sowie die „Kleinen Propheten“ Amos und Hosea spezialisiert hat. Seine Aufgabe betrachtete er mehr wissenschaftlich als kirchendiplomatisch, war aber auch um Beistand an die orientalischen Christen bemüht, die seit dem Beginn des syrischen Bürgerkrieges in die Emigration gedrängt wurden: „Ohne Christen wird der Nahe Osten den wichtigsten Faktor seiner Identität verlieren,“ schrieb Sokolov am 25. April 2016 auf der Jekaterinenburger Website „pravoslavije.ru“: „Patriarch Johannes X. sagt immer: Das ist unser Land und wir werden hierbleiben. Andere Patriarchen rufen ihre Herde auf, anderswohin zu emigrieren. Sehen Sie nur, was im Irak vor sich geht: Neun Zehntel seiner christlichen Bevölkerung haben ihn in den letzten 20 Jahren verlassen. Die Christen Syriens wollen aber nicht aus ihrem Land, ihrer Heimat fliehen. Der Nahe Osten ist die Wiege des Christentums, Christen gab es hier schon sechs Jahrhunderte vor dem Eintreffen der Muslime. Wenn die Christen aus dem Orient verschwinden, wird diese Region eintönig daniederliegen und abgestumpft sein, wie die Arabischen Emirate oder anderswo.“

In der Hilarion-Ära war man eben bemüht, theologisch und kirchlich bedeutende Persönlichkeiten ins Ausland zu schicken. Moskaus neuer Abgesandter zu Patriarch Johann X. von Antiochia war hingegen von Anfang als gefügiges Werkzeug in kirchlichen Staatsdiensten zu beobachten. Er wurde 1969 in Saratow an der Wolga als Sohn eines Pfarrers geboren, der nach dem Tod seiner Frau überraschend schnell – obwohl Russe – Bischof im ukrainischen Kirovohrad wurde, einem der so genannten „Musterbistümer“ der Sowjetzeit, als relative Freiheit bei Gottesdiensten oder Wallfahrten, Renovierung von Kirchen und Klöstern durch linientreue Zusammenarbeit mit dem KGB erkauft wurde. Der Aufstieg vom verheirateten Pfarrer, dessen Frau bald verunfallte, zum kommunistenhörigen Bischof, wurde für die späteren Stalin- und Chruschtchowjahre typisch. Der Tatsachenroman „Der Verräter“ (Paul Zsolnay 1973) hat darüber erschreckend fesselnden Aufschluss gegeben.

1987 machte der junge Vasiltzev Abitur, studierte dann an der renommierten staatlichen Lomonosov-Universität in Moskau bis 1992 Russisch und Fremdsprachen. Vom Juli bis Oktober dieses Jahres war er Novize im Danilow-Kloster, seit der Perestrojka Amtssitz der russischen Patriarchen mit vier Hotels und einem Pressezentrum, In diesem „Kloster“ verweilte Vasiltzev vier Monate, dann verlieren sich sein Spuren. Doch im März 1993 legte er seine Mönchsgelübde ab, im April wurde er von Patriarch Aleksi II. höchstpersönlich zum Diakon, im Juni 1994 zum Priester geweiht. Eine Theologische Fakultät hat Hochwürden Philip nie von innen gesehen. Auch seine Fernstudien in Moskau und Kiew wurden mit keinem Diplom gekrönt.

Niemand weiß, was er in seinen „Studienjahren“ von 1994 bis 1999 getan hat…

Dafür ging es umso schneller ins Ausland. Ab Oktober 1999 war Vasiltzev Pfarrer der drei Gemeinden des Moskauer Patriarchats in Paris, wurde aber schon am 7. Oktober 2001 an die Russische Nikolaus-Pfarre in Rom versetzt. Dort blieb er bis 2007, übernahm aber zugleich die Stiftung für den Bau der Katharinenkathedrale auf dem exterritorialen Boden der Russländischen Botschaft in Italien, der Villa Abamelek am Gianicolo. Nach Vollendung des Baus gehörte Vasiltzev August 2007 dem Domklerus an. Ein Jahr später avancierte er zum Sekretär des Moskauer Patriarchatsverwaltung in Italien.

Bald kreuzten sich dort die Wege mit seinem heutigen Chef im Kirchlichen Außenamt, dem damaligen Archimandriten Antonij Sevrjuk. Dieser übernahm nach der Nikolaus-Gemeinde und dem Katharinendom im Juni 2011 auch das Sekretariat aller russischen Kirchen in Italien samt der Stiftung „Borodina“ im Südtiroler Meran.

Für Filip Vasiltzev war da in Rom kein Platz mehr. Ein Auftreten in der bekannten „Comunità di Sant Egidio“ war seine letzte Veranstaltung. Dann ging es aus der katholischen Welt zurück in die Orthodoxie nach Bulgarien. Dort bestand eine russische Exilgemeinde, die sich wegen der ihrem Bischof Seraphim Sobolev (gest.1950) zugeschriebenen Wunder hohen Ansehens erfreute. Später wurde dessen Nikolas-Kirche wieder dem Moskauer Patriarchat einverleibt, das jedoch die Verehrung des heiligmäßigen Bischofs weiterpflegte.

Filip Vasiltzev wurde daher in der bulgarischen Hauptstadt mit großen Vorschusslorbeeren empfangen, Im September 2011 besuchte ihn sogar der bulgarische Exkönig Symeon II. von Sachsen-Coburg-Gotha in der Nikolauskirche. Bald begannen Glanz und Schimmer der neuen Position des kirchlichen Sendlings von Moskau jedoch abzubröckeln. Vasiltzev hatte den Aufrag erhalten, die wichtige Gemeinde von Sofia im Sinn Vladimir Putins und seines „Hofpatriarchen“ Kyrill auf Vordermann zu bringen. Dagegen wehrten sich die letzten Anhänger der russischen Auslandskirche. Auch übersah Vasiltzev, dass er sich nicht mehr in einem katholischen Land befand, wo er mit ökumenischer Nachsicht behandelt wurde. In Bulgarien wurden auch seine privaten „Skandale“ von den Medien aufgegriffen, Frau Dora Iltschewa vom Kirchenvorstand von St. Nikolaus beschwerte sich im Namen von 100 Gemeindemitgliedern bei der bulgarischen Kirche und dem Außenministerium. Dieses verfügte am 11. März 2013 die Ausweisung des Vertreters der Moskauer Kirche binnen Monatsfrist. Zwar konnte die russische Diplomatie die Frist hinauszögern und schließlich ihre Rücknahme erzwingen. Vasiltzev durfte wieder die Heiligsprechung von Bischof Seraphim 2018 in Sofia zelebrieren, dann wurde er nach Nahost abkommandiert.

Dort hatte er sich zunächst mit einer untergeordneten Position am „Klosterhof“ von Patriarch Kyrill in der libanesischen Hauptstadt Beirut zu begnügen. Doch bewegte sich Igumen Filip Vasiltzev in dem ihm aus Paris und Rom vertrauten katholischen Milieu und pflegte die Beziehungen zu den maronitischen Katholiken. Höhepunkt dieser Bemühungen war Ende Oktober 2021 sein Zusammentreffen mit Libanons führender religionspolitischer Persönlichkeit, Kardinal-Patriarch Beschara Buros al-Rahi. Beide betonten die Wichtigkeit des christlichen Widerstandes gegen den diabolischen Zeitgeist von Abtreibung und Euthanasie, Segnung der Homosexualität und Auflösung der Familie. Ein Anliegen, das inzwischen suspekt geworden ist, seit Putin und Kyrill den Ukrainekrieg als „Kampf gegen die westliche Unsittlichkeit“ führen.

Kaum war jetzt in dessen Verlauf das Moskauer Kirchliche Außenamt an Kyrills langjährigen „Ministranten“ Sevrjuk gegangen, so wurde wiederum dessen Schützling Vasiltzew in Damakus bei Patriarch Johannes X. akkredidiert. Dieser bat ihn, dem russischen Patriarchen seine brüderliche Gefühle und „Anerkennung“ für sein Wirken zu übermitteln. Mehr Unterstützung hätte sich der „Raketen-Kyrill“ gar nicht wünschen können!

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