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Iran im Heiligen Krieg mit dem Virus

Totale Machtergreifung der Hardliner dank Wahlen und Seuche

 

Von Heinz Gstrein

Die iranischen Neuwahlen vom 21. Februar haben die politische Lage in der Islamischen Republik gefährlich verschärft: Die gemäßigten Kräfte im Parlament von Teheran wurden so gut wie ausgeschlossen, schiitische Kleriker und politislamische Militaristen geben nun statt den Reformern der letzten Jahre den Ton an. Das alles ist jedoch über den Nöten der in Iran neben China und Italien am stärksten wütenden Corona-Epidemie in den Hintergrund getreten. Über dieser ist auch völlig in den Hintergrund getreten, dass nach diesem Urnengang die Tage der besonnenen Führung von Staatspräsident Hassan Rohani gezählt sind. Ebensowenig bekümmert sich jemand darüber, wie die Islamische Republik ihr atomares Anreicherungs- und wohl bald auch Rüstungsprogramm weiter vorantreibt.

Nicht einmal Endergebnisse des Urnenganges wurden mehr veröffentlicht, sobald landesweit ein Erdrutschsieg der radikalen “Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit” feststand und die “Reformer” in der Hauptstadt alle ihre bisherigen Sitze in der “Madschless”-Volksvertretung verloren hatten. Allerdings war ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung aus Resignation den Wahlen ferngeblieben. Jedenfalls sind sich politische Beobachter in Teheran darin einig, dass die weitere Zukunft der Islamischen Republik Iran in den Händen von Revolutions­garden, Hardlinern und religiösen Fanatikern liegt.

Vorerst droht aber auch ihnen das Corona-Virus über den Kopf zu wachsen. Nach amtlichen Angaben gab es in Iran zur Märzmitte an die 600 Tote und fast 12 000 Infizierte. Doch das Regime der Ayatollahs betreibt in Sachen Corona Verschleierungstaktik. Es will der Bevölkerung Mut machen: Die Freitagsprediger verkünden in allen Moscheen, die teuflische Seuche habe bald ausgetobt. Kein Wort davon, dass das Corona-Virus ausgerechnet in der “heiligen” Stadt Qom von Regime-Gründer Ruhollah Chomeini ausgebrochen war. Inzwischen sind dort auch Straßen und Plätze mit schwarzen Leichensäcken gepflastert. Von dort zurückkehrende Pilgerinnen und Wallfahrer haben die Epidemie wochenlang unkontrolliert ins ganze Land hineingeschleppt.

Jetzt soll Allah helfen, doch beschränken sich die in seinem Namen agierenden Behörden der Islamischen Republik auf drastische Verbote und Strafen. So für den Besitz “überzähliger” Infektionsmasken. Die Sonderpolizei der “Islamischen Revolutionswächter” hat damit eine neue Fahndungsaufgabe nach der Jagd auf nur locker verschleierte Frauen erhalten. Untersagt wurden auch all die üblichen Inlandsreisen zum iranischen Neujahrs- und Frühlingsfest Nouruz am 21. März. So nach den traditionellen Urlaubsorten am Kaspischen Meer. Die sind ohnedies schon ein Hauptherd der Seuche.

Von den 70 000 Freilassungen aus iranischen Gefängnissen, wo Corona ausgebrochen ist, bleiben politische Inhaftierte ausgenommen. Einer von ihnen wurde erst zu diesen Wahlen wegen “Beleidigung des heiligen islamischen Glaubens” für drei Jahre “eingelocht”: Der Rentner Ismail Maghreb-i Nedschad. Seine zwei Verbrechen waren ein “like” auf Facebook zu einem für die politische Propaganda der schiitischen Klerisei kritischen Blog, sodann seine Nutzung des Messengerdienstes “Telegram”. Den wollen die iranischen Radikalen schon seit zwei Jahren verbieten, doch hat ihn bisher der liberalere Präsident Rohani offen gehalten. Nach diesem Urteil und dem Islam-Ruck bei den Wahlen dürfte in Teheran aber die Schließung des “Telegram” bevorstehen. Schließlich handelt es sich dabei um einen der letzten noch offenen Wege, auf dem in Iran kritische Zeitgenossen echte Informationen erhalten und austauschen können.

Inzwischen nützt das Ayatollahregime die Coronapanik für seine Propaganda und Machtverstärkung. An der Spitze der iranischen “Revolutionsgarden”, einer Art schiitischen Waffen-SS neben und über der regulären Wehrmacht, hatte Generalleutnant Hussein Salami schon Anfang März den “teuflischen” USA biologische Kriegsführung mit Hilfe des Virus unterstellt. Nun greift der Islamischen Republik “Oberster Geistlicher Führer”, Ayatollah Ali Chamenei, diese Beschuldigung auf und erklärte der Seuche den “Heiligen Krieg”. Die gesamten bewaffneten Kräfte mit den Revolutionsgarden in vorderster Front sind zu diesem Feldzug aufgerufen. Das entspricht ganz der in Irans religiös-politischer Führung weit verbreiteten “Hodschatieh”-Ideologie: Sie erwartet den vollen Durchbruch islamischer Herrschaft von einer Zeit des Chaos und der Wirrnis bewirkt durch Katastrophen wie jetzt der Corona-Epidemie. Den ihr erklärten totalen Krieg beginnen die Machthaber von Teheran sofort für eine totale Überwachung der Bevölkerung auszuschlachten: Laut neuester Weisung sind auf Handys Zusatzgeräte anzubringen. Die sollen den Gesundheitszustand melden – verzeichnen aber ebenso alle Gespräche, Notizen und dem elektronischen Gefährten anvertraute, vielleicht umstürzlerische Gedanken.

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