Das Leder rollt für den Polit-Islam
Fragwürdige Fussball-WM in Katar
Von Heinz Gstrein
Die Fussballweltmeisterschaft vom 20.11.-18.12. 2022 in Katar, wo die Schweizer Nati in der Gruppe G mit Kamerun startet, steht von Anfang an unter unerfreulichen Vorzeichen. Selbst der langjährige FIFA-Chef Sepp Blatter nennt das umstrittene Ereignis inzwischen ein „Monster“. Kein Zweifel, dass sich der kleine Wüstenstaat mit einem der grössten Erdgasvorkommen der Welt, selbst ein konservativ-islamisches Emirat, mit dem Mega-Sport-Event auf der internationalen Schaubühne etablieren will. Indem es sieben neue Stadien aus dem Sand stampfte, lässt Landesvater Tamim bin Hamad Al Thani umgerechnet über sechs Milliarden Franken springen. Die Grossbaustelle Katar, wo so gut wie alles, den „grünen Rasen“ nicht ausgenommen, künstlich abgekühlt werden muss, stellt eine enorme Umweltbelastung dar. Dagegen liess der Emir eine Million Bäume und Sträucher pflanzen. Auch das war nur durch künstliche Bewässerung möglich, die weitere Grossaufwendungen verschlang und Klimasünden verursachte.
Der Masterplan für das alles stammt von keinem anderen als dem Architekten Albert Friedrich Speer, dem Sohn von Hitlers Baumeister und späterem Rüstungminister Albert Speer. Gewiss soll niemand wegen seiner Abkunft angefeindet werden. Im Fall von Albert Speer junior sind jedoch schon seit den 1960er Jahren Grossaufträge in Libyen, Algerien und Saudi-Arabien der Planung dieser WM von Katar vorausgegangen. Vor dem bekannten Hintergrund von Seilschaften „Ehemaliger“ und regelrechten NS-Netzen in der arabisch-islamischen Welt muss aber hinterfragt werden, ob der Zuschlag für die WM-Planung 2022 nur den – erwiesenen – fachlichen Qualitäten des Sohnes von Hitler-Liebling Albert Speer zu verdanken war.
Schwerer wiegt schon die Tatsache der beim Aufbau der nagelneuen WM-Stadt Doha in Kauf genommenen und auch während der Meisterschaft zu befürchtenden Menschenrechtsverletzungen. Philipp Lahm, deutscher Weltmeisterkapitän von 2014, hält die Vergabe der WM an Katar für einen Fehler: „Fussball ist in Katar kein Breitensport. Für Mädchen gibt es keine Chance zu kicken.“ Frauen haben auch sonst nicht dieselben Rechte wie Männer, Presse- und Meinungsfreiheit sind eingeschränkt: „Vor allem sind aber die Arbeits- und Lebensbedingungen für die fast nur aus dem Ausland angeworbenen Kräfte verheerend, ihr Tod wird in Kauf genommen!“
Der gesamte katarische Bauwahn rund um diese WM mit einem Gesamtaufwand von rund 100 Milliarden Franken ist auf die Ausbeutung von Millionen Fach- und Hilfsarbeitern aus Mittel- und Ostasien, auch aus Afrika gegründet. Die gigantischen Stadien, die Hotels zur Unterbringung der Mannschaften und ihrer Fans sind auf Schweiss und Schmerz von Millionen Handlangern gegründet, sie stehen auf den Gräbern von Tausenden und Abertausenden, die an Erschöpfung gestorben oder bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen sind. Es geht aber nicht nur um die Toten: Löhne werden gar nicht oder viel zu spät ausbezahlt, Arbeiter zu Gratis-Überstunden gezwungen und erbärmlich untergebracht. Immer noch beklagen sie sich über vollgepferchte Quartiere, schlechte Verpflegung und unzureichende Sanitäranlagen. Im Kontext der WM geht ihr Leiden aber meist unter.
Fast völlig unbeachtet bleibt die hinterhältige islamistische Dimension der Weltmeisterschaft. Das ist weitgehend Erfolg einer geschickten Verschleierungstaktik. Das WM-Logo von Katar ist keine muslimische Kalligrafie, sondern ein tropfenförmiges Gebilde. Verständlich erst, wenn man weiss, dass „q’tar“ auf Arabisch Tropfen bedeutet. Wofür die tropfenförmige Gestalt der Halbinsel im Persischen Golf als Modell gedient hat. Die Architektur der Stadien lässt ebenfalls nichts Islamisches erkennen, sondern ist neutralen arabischen Vorlagen wie Beduinenzelten oder den typischen historischen Segelschiffen im Golf nachempfunden, den „Dau“ mit zwei Masten und einem Trapezsegel. Auch wurde in der globalen Werbung für das Grossereignis und den Beschränkungen von Alkoholkonsum und Kontakten mit dem weiblichen Geschlecht nie auf islamische Verbote, sondern auf die „bodenständige Kultur“ verwiesen.
Was saufende und dann stockbesoffene Fans betrifft, die für die meisten Randale bei Sportereignissen verantwortlich sind, finden die islamischen Vorkehrungen von Katar auch bei uns Verständnis. Eine Neuerung sind „Ausnüchterungszonen“, die WM-Geschäftsführer Nasser Al Khater für Betrunkene einrichtet. Was davon zu halten ist, wird sich erst nach der Behandlung alkoholisierter oder auch nur angeheiterter Fans in diesen „Ernüchterungs-Geländen“ sagen lassen.
Hingegen muss zur Weltmeisterschaft in Katar schon von vornherein festgestellt werden, dass es sich bei dem Emirat um die Weltdrehscheibe des Islamismus handelt. Zum Netzwerk der islamistischen Handlanger Katars gehören neben ehemaligen syrischen Generälen auch afghanische Taliban, somalische Al-Schebab-Milizionäre und sudanesische Rebellen.
Der winzige „Staat Katar“, wie sein offizieller Name lautet, will eben bei der geplanten Islamischen Weltrevolution mit auf der Bühne stehen. Als Helferhelfer dabei sind ihm alle recht: Von den Muslim-Brüdern bis zu den Salafisten. Dieses in Katar geknüpfte Netzwerk trug in allen Krisenherden der Region zur Destabilisierung bei und stärkte radikale und dschihadistische Organisationen. Das Geld aus Katar hat die Lage überall verschärft: In Libyen tobt ein Krieg zwischen verschiedenen Milizen, die aus dem Ausland finanziert werden. Die syrische Opposition ist durch interne Machtkämpfe geschwächt und kann sich gegenüber den Extremisten nicht mehr behaupten. Die humanitäre Not im Gazastreifen hat sich vermutlich aufgrund der starren Haltung der Hamas verfestigt.
Optimisten halten dem allen entgegen, dass Katar mit der WM ins Scheinwerferlicht globaler Aufmerksamkeit gerät. Das dürfte sich mässigend auf seine extrem islamistischen Ambitionen auswirken. Das Gegenteil muss allerdings angesichts der Reaktion beim Nachbarn Bahrain auf den Papst-Besuch von Anfang November befürchtet werden. Kaum hatte Franziskus in dem sunnitisch geführten Golfkönigreich zu Religionsfreiheit für seine Schiiten-Bevölkerung, zu Demokratie und Wahrung der Menschenrechte aufgerufen, durfte dort nur „ein wenig“ für ein neues Parlament gewählt werden: Die Oppositionellen von der der schiitischen „Bewegung“ (al-Wifaq) und dem säkulären „Versprechen“ (Waad) blieben ausgeschlossen. Die Islamisten am Golf scheren sich weder um den Papst noch die Fussball-WM!