Konstantinopels US-Diaspora vor einer Straffung
Erzbischof Elpidoforos will sich von Altlasten seines Vorgängers befreien
Von Heinz Gstrein
New York/Istanbul. Eine Neuordnung der Diaspora des Ökumenischen Patriarchats in den USA dürfte ihr Erzbischof Elpidoforos Lambriniadis vorbereiten. Darauf weist ein Artikel „Notwendige Re-Organisation der Erzdiözese von Amerika“ hin, der am 3. Mai auf der Istanbuler Blogsite „Phos Phanariou“ (Licht des Phanars) und mit einem großen Bild von Elpidoforos erschienen ist. Beim Verfasser handelt es sich um den bekannten Kirchenredakteur der New Yorker Griechenzeitung „Ethnikos Keryx/National Herald“, Theodoros Kalmoukos. Er fordert eine Straffung der griechisch-orthodoxen Kirchenstruktur in den USA durch deren stärkere Einbindung ins Patriarchat von Konstantinopel, die Stärkung der Rolle des Erzbischofs und Wiederherabstufung der Metropolitansprengel zu einfachen Bistümern. Die US-Metropoliten hätten sich seit Jahren zu eigenständigen und eigenmächtigen Kirchenfürsten entwickelt. Das habe zu wachsenden finanziellen Problemen und Aufsplitterung der griechischen Diaspora geführt. Diese war lang der Hauptrückhalt des Ökumenischen Patriarchats bei Bewältigung seiner Auslagen, ist in letzter Zeit aber selbst unterstützungsbedürftig geworden.
Erste Gemeinden orthodoxer Griechen in der Neuen Welt waren schon im 18. Jahrhundert im damals noch spanischen Florida, dann im Sog der allgemeinen „Amerika“-Emigration bis zum Ersten Weltkrieg vor allem in den Neu-England-Staaten an der US-Ostküste entstanden. 1921 gründete der Phanar für sie sowie die canadische und lateinamerikanische Diaspora die „Erzdiözese von Nord- und Südamerika“. Bedeutende Erzbischöfe waren der spätere Ökumenische Patriarch Athenagoras I. (1931-1948) und Jakovos Koukouzis (1959-1996), der zuvor eine wichtige Rolle bei der orthodoxen Kontaktaufnahme zu Papst Johannes XXIII. gespielt hatte. Nachdem schon 1963 die einheitliche europäische Erzdiözese „Thyateira“ aufgeteilt worden war – darunter in die Metropolien Deutschland und Österreich, wurden 1996 Canada, Mexiko mit Mittel- sowie Buenos Aires mit Südamerika eigenständige Metropolien. Die Erzdiözeseerhielt den neuen Namen „von Amerika“ und war auf die USA reduziert.
In den späten 1990er Jahren setzt sich der Usus durch, die griechisch-orthodoxen US-Bischöfe auch zu Titularmetropoliten von untergegangenen Kirchenprovinzen in der Türkei zu machen. Von Erzbischof Dimitrios Trakatellis (1999-2019) wurden die amerikanischen Bistümer 2002 dann zu regelrechten Metropolien erhoben und ein Heiliger Synod aus ihren Inhabern gebildet. Da die meisten Sitze sukzessiv mit Günstlingen von Trakatellis besetzt wurden, entwickelten sie sich zu einträglichen Pfründen mit gleichzeitigem Niedergang des religiösen Lebens, aber ausufernder Korruption.
Da der Erzbischof von Griechenland gestützt wurde, konnte sich Patriarch Bartholomaios I. nur mit Ermahnungen, doch nicht Weisungen und Verweisen an ihn wenden. Dimitrios Trakatellis sägte erst selbst am eigenen Ast, als er den Plan einer Autokephalie seiner Erzdiözese hochzuspielen begann. Für autokephal hatte schon im April 1970 das Moskauer Patriarchat unter dem Namen „Orthodoxe Kirche in Amerika“ die alten russischen Missionsgemeinden von Alaska und seine Emigrantenjurisdiktionen in den USA, Canada- Mexiko und Australien erklärt, was aber gesamtorthodox bis heute nicht anerkannt wurde. Ebensowenig konnte sich Trakatellis mit seinem Traum von der Autokephalie durchsetzen. Im Gegenteil nötigte jetzt den über Neunzigjährigen endlich Bartholomaios zum Rücktritt.
Er hievte seinen treuen Gefolgsmann, den in Bonn als Magister spondierten
Elpidoforos Lambriniadis, 2019 auf den New Yorker Posten. Damit hatte sich die Lage personell, aber nicht strukturell verändert. Kirchliche Beobachter erwarteten schon länger nach der Absetzung von Dimitrios die Entmachtung seiner Metropolitenklerisei. Die dafür im „Phos Phanariou“ veröffentlichten Pläne sehen eine Auflösung des eigenen US-Synods, die Rückverwandlung der aktiven in Titularmetropoliten und die Bestellung von Weihbischöfen an ihrer Seite vor, aus denen früher oder später Suffraganbischöfe der Erzdiözese werden sollen. Keine Änderung sieht dieses Projekt für den Status der mit ihr affiliierten albanischen, ukrainischen und ruthenischen – slowakisch- bzw. ungarisch-ukrainischen – Orthodoxen sowie des Generalvikariats für orthodoxe Araber aus dem Patriarchat Jerusalem vor. Die antiochenischen US-Araber gehören kirchlich wie Serben, Rumänen und Bulgaren zu ihrer Mutterkirche.