Wahlsieger Mitsotakis. Kleinparteien als Mitgewinner Verflechtungen von Politik und Orthodoxie in Griechenland
Von Heinz Gstrein
In Griechenland hat sich die konservativ-liberale Nea Dimokratia (ND) am 25. Juni wie erwartet eine absolute parlamentarische Mehrheit von 158 der 300 Sitzen gesichert. Sein Sieg verspricht in Athen Stabilität. So wurde gleich am späten Montag die Regierung Mitsotakis bekannt gegeben. Sie überrascht durch den Wechsel des erfolgreichen Außenministers Nikos Dendias ins Verteidigungsressort. Nach seiner diplomatischen Zurückweisung aller türkischen Provokationen der letzten Zeit soll er nun offenbar die militärische Bereitschaft Griechenlands sicherstellen.
Neben der ND und dem linksradikalen SYRIZA, der aber in Vergleich zu seiner Regierungszeit von 2015 bis 2019 diesmal halbiert wurde, zieht nun ein buntes Spektrum von Klein- und Kleinstparteien in die Athener „Vouli“ ein. Sie gehören mehrheitlich der extremen Rechten nationalistischer oder nationalreligiöser Prägung an.
SYRIZA war aus der traditionsreichen sozialistischen Bewegung „Synaspismos“ (Bund) hervorgegangen. Die Tochter von dessen Gründer, Zoe Konstantopoulou, hat jetzt mit ihrer Parteigründung „Plevsi Elevtherias“ (Freiheitskurs) auf Anhieb acht Parlamentssitze geschafft. Sie strebt nach möglichst direkter Demokratie und hat wie die gesamte griechische Linke keine antiklerikale Schlagseite.
Das gilt sogar für die griechischen Kommunisten (KKE). Im Bürgerkrieg von 1946 bis 1949 hatten sich sogar orthodoxe Bischöfe in den kommunistischen Bergfestungen mit verschanzt, und der Heilige Berg Athos bot Partisanengruppen rettende Aufnahme. Die heutige KP Griechenlands ist kaum mehr sozial kämpferische Kraft, sondern eine Art Traditionsverein, der dank „geretteten“ DDR-Geldern überleben kann. Die einst starken Kommunisten stellen jetzt nur mehr 20 Abgeordnete.
Vor ihnen liegen noch bei 32 Sitzen die mit Unterbrechungen von 1981 bis 2011 in Athen regierenden PASOK-Sozialdemokraten, geleitet von drei Generationen der Familie Papandreou. Heute liegt die Parteiführung in der Hand von Nikos Androulakis. Seinen Aufstieg von den nur mehr 17 Abgeordneten im Jahr 2015 hat er jetzt hauptsächlich der Wahlhilfe kretischer Bischöfe für den Kreter Androulakis zu verdanken.
Die restlichen Parlamentsparteien kommen alle aus der rechtsnationalen oder ultra-orthodoxen Ecke. Bedrohlich scheint, dass die inzwischen verbotene Bewegung griechischer Neonazis „Chryssi Avghi“ (Goldener Morgen) samt ihren Schlägertrupps unter dem klassischen Namen „Spartiates„ (Spartaner) nun zwölf Sitze belegen konnte. Spitzenkandidat war jener Elias Kassidiaris, der wegen Verflechtung in einen Fememord 13 Jahre Gefängnis abzubüssen hat.
Handelt es sich bei der „Elliniki Lysi“ (Griechische Lösung) um eine ultranationale, doch demokratische Parteiung mit ebenfalls zwölf Abgeordneten, so stellt die „Niki“ (Sieg) den politischen Arm der in Griechenland starken Rückschrittler von Abtreibungsgegnern bis zu Homophoben dar. Ihr politisches Programm sind die Gebote der Griechisch-Orthodoxen Kirche. Der Religionslehrer Dimitris Natsios will mit seiner Zehn-Mann-Fraktion nach dem, wenn auch bescheidenen Wahlerfolg, „in Gottesfurcht“ ans Werk gehen.