Matthias Laurenz Gräff, NEOS Repräsentant für Griechenland im Interview
Der in Gars am Kamp wohnhafte Akademische Maler und Historiker Matthias Laurenz Gräff (39) übernahm mit März 2024 die Funktion als NEOS Representative für Griechenland. NEOS haben als bis dato einzige österreichische Parlamentspartei mit NEOS X – International eine eigene Landesorganisation für die Interessen von mehr als 600.000 Auslandsösterreicher weltweit geschaffen. Gräff soll in seiner Eigenschaft als Auslandsvertreter Ansprechpartner für Auslandsösterreicher in Griechenland sein, sowie Kontakte zu liberalen griechischen Parteien knüpfen und diese intensivieren. Dieses Interview mit Gräff führte Georgia Kazantzidu für Hephaestus Wien.
Georgia Kazantzidu: Ich, als gebürtige Griechin und wohnhaft in Österreich, bin natürlich persönlich erfreut darüber, dass du nun in deiner neuen Funktion eine Verbindung zwischen diesen beiden Ländern, Menschen und Kulturen herstellst. Wie siehst du persönlich den Konnex beider Staaten und deren Menschen?
Matthias Laurenz Gräff: Die Verbindungen sind, trotz der geografischen Entfernung, meiner Erfahrung nach sehr groß. Griechenland ist Sehnsuchtsland für viele Österreicher und vice versa sind Österreicher bei den Griechen beliebte Gäste. Der Einfluss des Hellenismus ist nicht nur in unserer Alltagssprache abbildbar, in der Kulinarik und in der Architektur, sondern sehr prägnant in der Politik und der Demokratie, eine Herrschaft des Volkes, die dort im philosophischen als auch ansatzweise im realpolitischen Sinn ihren Ursprung genommen hat.
GK: Was sind deine persönlichen Verbindungen zu Griechenland?
MLG: Meine Lebenspartnerin ist gebürtige Griechin aus Thessaloniki, wir verbringen jedes Jahr einige Zeit in Griechenland, in Platamonas am Meer und nahe dem Olymp Bergmassiv. Aufgrund ihres Einflusses konnte ich einen intensiven Blick auf den Staat mit seiner Historie und dessen Bewohner und Kultur gewinnen. Väterlicherseits habe ich zusätzlich eine Verwandtschaft in Athen und auf dem Peloponnes. Ich betrachte mich mittlerweile als Philhellene, in meinem Beruf als Akademischer Maler male ich diverse griechische Motive, von Santorin und den vielen diversen Inseln bis auf das Festland nach Thessaloniki.
GK: Ist es daher für dich aufgrund dieser Historie sowie deiner persönlichen Verbindung als Mensch und als Künstler wichtig und auch reizvoll in Griechenland als Politiker, als Auslandsvertreter aktiv zu werden?
MLG: Ja, wahrhaftig, diese Rückkehr als Vertreter von NEOS, im spezifischen von NEOS X – International, an den Ort der Entwicklung von unserem Europa, einem Wort, welches gleichfalls aus der hellenistischen Antike herrührt, das uns Europäer als Leitbild für unsere Werte und Errungenschaften dient, ist für mich ein Kreis, der sich nun schließt. Und auch das Wort NEOS ist griechischen Ursprungs und bedeutet NEU sowie JUNG. Eine treffende Symbiose zwischen einer demokratischen Partei und dem Land des demokratischen Ursprungs.
GK: Bitte erzähle uns etwas darüber, was NEOS hier mit NEOS X – International geschaffen haben.
MLG: NEOS haben schon 2012 als erste und bis dato einzige österreichische Parlamentspartei mit NEOS X – International eine eigene Landesorganisation für die mehr als 600.000 Auslandsösterreicher weltweit geschaffen, die deren Anliegen aktiv vertreten will. Unsere essentiellen Themen sind die Förderung eines eigenen Wahlkreises für Auslandsösterreicher und die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Annahme einer anderen, die diese laut aktuellem Recht verlieren würden. Weiters können wir uns die Schaffung eines eigenen Staatssekretariats für Auslandsösterreicher vorstellen.
GK: Was werden hierbei deine Aufgaben und Tätigkeiten in Griechenland sein?
MLG: Meine Funktion gibt mir diverse Möglichkeiten und Aufgaben, wie ich NEOS in Griechenland nach innen wie nach außen hin vertreten kann. Auf der einen Seite werde ich dort versuchen die Anliegen aller Auslandsösterreicher bestmöglichst zu vertreten. Das umfasst auch eine Aufklärung und Information bezüglich der Europawählerevidenz, in die man sich eintragen lassen muss, um bei Nationalrats-, EU- und Bundespräsidentwahlen, aber auch bei Volksabstimmungen und Volksbefragungen in Österreich mitbestimmen zu können. Parteispezifisch steht die Anwerbung von Wählern für NEOS, das Organisieren von Veranstaltungen und Treffen für Auslandsösterreicher auf der Agenda. Bei der Vertretung nach außen hin sieht meine Funktion die Intensivierung der Kontakte mit liberalen griechischen Parteien als auch gemeinsame Aktivitäten vor.
GK: Das klingt sehr interessant aber auch sehr fordernd, herausfordernd.
MLG: Das stimmt, aber die Anliegen und Forderungen, die hier auf dem Tapet stehen, sind essentiell und müssten heutzutage eigentlich garantiert sein. Der Freiraum zur Gestaltung ist sehr breit gefächert, und es wird daher etwas Zeit beanspruchen, um mich mit allen Anforderungen und Ansprüchen vertraut zu machen.
GK: Weißt du, wie viele Auslandsösterreicher aktuell in Griechenland wohnhaft sind?
MLG: Laut Außenministerin sind es rund 1.860, aber da es aber keine Registrierungspflicht gibt, dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen.
GK: Wie siehst du das politische System, die Qualitäten und Ausformungen auf die Gesellschaft in Griechenland?
MLG: Ich habe dazu noch nicht die notwendige profunde Innenansicht. Es gibt aber Bereiche, die meiner Meinung nach gut funktionieren, so in der Gewerbefreiheit und bei gewissen Freiheiten in der öffentlichen Mitgestaltung durch Bürger auf lokaler Ebene. Weiters ist die Kleinstruktur des Gewerbes sehr angenehm, das noch nicht so marktüberdeckent in den Händen von internationalen Konzernen liegt. Hier wird der Markt noch nicht erdrückt, finanziell diktiert, sehr viele Selbstständige und kleine Betriebe können zu normalen Preisen ihre Produkte und Dienste anbieten und somit auch zum Wohl des Kunden, der von diesem Wettbewerb im Kleinen profitiert. Es entsteht eine gewisse Freiheit des Marktes. Persönlich gefällt mir auch das System der Öffnungszeiten sehr gut. Geöffnete Geschäfte am Sonntag sind in Griechenland gang und gäbe; etwas, dass in Österreich nach wie vor großflächig abgelehnt wird. In Griechenland funktioniert dies aber seit Jahrzehnten.
GK: Warum denkst du, dass dies in Griechenland funktioniert und in Österreich nicht?
MLG: In Österreich haben die politischen Parteien den Staat und seine Bewohner vollends vereinnahmt. Alles, von der Wiege bis zur Bahre, ist vorgegeben und strukturiert, es gibt daher wenig Freiräume zur Entwicklung. Diese forcierte Unfreiheit, gepaart mit einem kalten Klima, beengt die Menschen und hindert diese sich mehr zu entfalten. Diese Engmaschigkeit besteht in der griechischen Gesellschaft nicht.
GK: In meiner letzten Frage würde ich dich bitten, unseren Lesern etwas persönliches über Griechenland mitzuteilen.
MLG: Es sind dies oft die kleinen Erlebnisse; bei einer Panne auf der Autobahn in Richtung Thessaloniki half uns der Taxifahrer unter Mithilfe des Polizisten selbst den kapputten Reifen zu wechseln. Unser Taxifahrer war uns so behilflich und überaus engagiert, dass wir noch rechtzeitig am Flughafen ankamen. Er handelte so, wie wenn es sich bei uns um seine eigene Familie handeln würde. Diese Herzenswärme und Menschlichkrit berührt mich immer wieder. Ich möchte mich hiermit recht herzlich bei Herrn Georg Gstrein für die Möglichkeit und bei Frau Georgia Kazantzidu für die Durchführung des Interviews bedanken.