Forum für Annäherung von Moskau, Konstantinopel und Antochien
Orthodoxe Parlamentarier für Festhalten an christlichem Europa
Von Heinz Gstrein
Chania/Kreta. Zum ersten Mal seit dem Bruch des Moskauer Patriarchats mit Konstantinopel wegen dessen Autokephalie für bis dahin unkanonische Kirchen in der Ukraine haben hochrangige Vertreter beider Jurisdiktionen erstmals wieder an ein und derselben Veranstaltung teilgenommen: Auf der 28. „Interparlamentarischen Versammlung der Orthodoxie“ vom 22. bis 26. Juli 2021 in der kretischen Hafenstadt Chania verlasen sowohl Metropolit Emmanuel Adamakis von Chalzedon wie Metropolit Leonid Gorbacev von Vladikavkas Botschaften ihrer Patriarchen und trafen bei den Arbeiten dieser orthodoxen interparlamentarischen Union zusammen. Die russische Kirche hatte nach der ukrainischen Autokephalie nicht nur ihre eucharistische und Gebetsgemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat unterbrochen, sondern sich ebenso aus allen Gremien zurückgezogen, an denen der Phanar führend beteiligt ist. So aus der Internationalen Theologenkommission für den Dialog von Orthodoxen und Katholiken oder der Orthodoxen Bischofskonferenz für Deutschland.
Die Begegnung von Kreta erweckte nun Hoffnung auf eine Abschwächung der interorthodoxen Spannungen: Metropolit Emmanuel hat kürzlich von seinem Vorgänger in Chalzedon auch den Vorsitz der Konstantinopler Synodalkommission für die interchristlichen und interreligiösen Dialog übernommen. Metropolit Leonid ist der steigende Stern im Moskauer Kirchlichen Außenamt. Außerdem beteiligte sich an dem Treffen in Chania auch das Patriarchat von Antiochien, das ebenfalls zu den Gegnern der ukrainischen Autokephalie zählt. Sein Delegierter war kein Geringerer als Metropolit Basilios Nassour von Arkadia. Er leitet nicht nur Libanons größte, wenn auch ärmste, dazu nach Syrien grenzüberschreitende Metropolis Akkar. Nassour gilt als einer der führenden antiochenischen Theologen, als Professor der orthodoxen Universität Balamand gibt er auch zusammen mit Prof. Assaad Kattan von der Universität Münster u.a. die ökumenische Fachzeitschrift „Chronos“ heraus. Beobachter in Chania gewannen den Eindruck, dass sich dieses Triumvirat Adamakis-Gorbacev-Nassour nun ernsthaft an Wiedererlangung der orthodoxen Eintracht arbeiten wird.
Vordergründiges Hauptthema in Chania waren die christliche Prägung der europäischen Kultur in Ost und West sowie Tendenzen ihrer Entchristlichung von Seiten der Europäischen Union. Der Athener Generalsekretär für das Auslandsgriechentum, Ioannis Chryssoulakis, betonte, dass „die europäische Kultur, auf die wir stolz sind, ungebrochen in dem Wertesystem gründet, das vom Christentum hervorgebracht wurde und weiter ausgeht“. Der Generalsekretär der Interparlamentarischen Versammlung der Orthodoxie, der griechische Abgeordnete Maximos Charakopoulos, warnte davor, dass Europa „das Banner seiner Werte einhole und seine Identität im Namen von Leben und Leben lassen sowie einer verschwommenen kulturellen Pluralität zunichtemacht.“ Es sei ein Fehler gewesen, 2005 beim Ausarbeiten der Europäischen Verfassung auf die Einwände einiger verweltlichter Staaten zu hören und eine Festlegung auf die christlichen Grundlagen Europas zu verabsäumen.
Von katholischer Seite war bei der Versammlung orthodoxer Parlamentarier der Rektor des Internationalen Theologischen Instituts (ITI) in Trumau bei Wien, Christian Alting von Geusau, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des „International Catholic Legislators Network“ (ICLN) zugegen.